„Was ist dir denn eigentlich alles so passiert?“
wird da häufig als erste Frage von den Eltern, Geschwistern und Mitbewohnern gestellt, sobald man nach zehn Tagen wieder die Schwelle zur Haustüre betritt. Nach zehn Tagen, bis auf die letzte Minute gefüllt mit Geländespielen, kreativen Workshops, geistlichen Impulsen und Themen- Einheiten. Nach zehn Tagen zwischen sechzig Jugendlichen, inmitten der idyllischen Berglandschaft Österreichs, wo das klare Bachwasser zum Abkühlen verlockt, und die Kuhherden einem bedrohlich nahe zu kommen scheinen. Kurz gesagt: Nach zehn Tagen Sommerfreizeit 2022. Und die Antwort auf die Frage, welche Emotionen, man denn alle so gefühlt, und welche Situationen man denn alle so erlebt habe, nun:
Die ist gar nicht mal so leicht zu beantworten.
Ich erinnere mich zum Beispiel noch gut an das Gelände.
Laut dem Schild an der sich durchs Tal schlängelnden Landstraße, würden wir die nächsten zehn Tage in Hinterglemm erleben, und jener Ort hätte für die Freizeit nicht besser gewählt sein können.
Alleine schon deshalb, weil sich jeden Morgen in der Mitarbeiter Runde der erste Kaffee mit beeindruckendem Blick auf die zerklüffteten Gipfel um uns rum, genießen ließ. Doch auch unsere Unterkunft hat im wahrsten Sinne des Wortes für jeden Jugendlichen Raum gelassen, und die wenigen Stunden Schlaf konnten stets in den Hochbetten, bis zum letzten Drücken auf die Schlummertaste vollständig ausgenutzt werden.
Ebenfalls die Sporthalle erwies sich den Ansprüchen eines atmosphärischen Abendabschluss-Settings würdig, und so mancher Ton für Worship-Lieder wurde hier angestimmt, und die ein oder andere persönliche Glaubenserfahrung in den Themeneinheiten geteilt.
Der Bach, nahe am Fuße des Berges, schien wie prädestiniert für Wasserschlachten und Teamgeist stärkende Aktionen in den Lebensgruppen zu sein, und der steile Wanderweg ins Gebirge nur darauf zu warten, als Camping Platz für den diesjährigen Survival-Day herzuhalten. Ich habe bereits einige Freizeiten miterlebt, mal als Teilnehmer, und nun schon zum dritten Mal als Mitarbeiter, und auf keiner, habe ich das Zusammenspiel zwischen Programmpunkten und Gelände, so gut harmonierend wahr genommen, wie auf der diesjährigen.
Selbstverständlich ließen auch hier Mücken- und Bremsenstiche, blaue Flecken und Schorfwunden nicht lange auf sich warten, wurde sich doch auf die improvisierte Wasserrutsche auf der Wiese geschmissen, oder stand eine barfüßige Wanderung über die glitschigen Steine am Ufer an.
Doch selbst diese gehören auch irgendwie dazu, und niemals wieder wird eine Wunde in solch einer schönen Umgebung desinfiziert werden.
Weiterhin, mir immer noch gut im Gedächtnis geblieben sind all die zahlreichen und vielfältigen Programmpunkte: So viele Eindrücke hatten weder Mitarbeiter, noch Teilnehmer, lange nicht mehr zu verarbeiten,
denke ich da nur an den Tagesausflug in den Hochseilgarten, oder für mich persönlich eher: An die Höhenangst-Konfrontation auf wackelnden Hängebrücken, zwischen Seilbahnen und Baumwipfeln.
Mir kommen die Bilder und Eindrücke von der Stadt Salzburg wieder hoch, die wir dann am Abend wieder mit geleerten Portmonees und vollen Einkaufstüten der Souvenirläden, wieder verlassen haben.
Es wurde Anekdote nach Anekdote erlebt, und in den zehn Tagen haben sich so viele Momente, mal beim Spüldienst in der Küche, und mal beim Tanzbein schwingen während des Disco Abends, ereignet, dass es den Rahmen sprengen würde, diese alle Revue passieren zu lassen.
Schon das Aussuchen meiner persönlichen Highlights ist mir schwer gefallen, da jedes Erlebnis auf eine ganz unterschiedliche Weise gewirkt hat, und so damit unmöglich, mit anderen verglichen werden zu können.
Die zur Reflektion einladenden Stationen am Gebetsabend, sorgten für eine genauso prägende Erfahrung, wie das draußen in Schlafsäcken übernachten, und alle paar Minuten von irgendwelchen lästigen Insekten geweckt werden.
Was mir jedes Jahr aufs Neue bewusst wird, wie ungewohnt, ja – teilweise sogar herausfordernd, manche Erlebnisse für Jugendliche sein können, und wie der getaktete Rhythmus aus festen Mahlzeiten, routinierten Programmpunkten wie Abendabschlüssen und Workshops, eine moralische Stütze in den zwei Wochen sein kann:
Es bilden sich kollektive Stimmungen, und ein in der Mitarbeiter-Besprechung strukturiertes Programm, was aber dennoch Platz für Improvisation und Umplanung lässt, fungiert in vielen Augenblicken einfach als ein großes Sammelbecken, in welchem diese auch aufgefangen werden können. Dafür bin nicht nur ich, in meiner Verantwortung tragenden Mitarbeiterrolle sehr dankbar, sondern auch als Einundzwanzigjähriger, für den bestimmte Sachen genauso Kräftezehrend und herausfordernd sein können, wie für einen Teilnehmenden.
Alles in allem, lässt sich das Programm als ebenso unterschiedlich, abwechslungsreich, aber immer den Geschmack treffend, beschreiben, wie die Mahlzeiten, vom fleißigen Küchenteam vorbereitet, und ich erlebe es als Privileg, dieses erlebt und mit geplant haben zu dürfen.
Nun – Wenn ich also auf die Frage: „Was ist dir denn eigentlich alles so passiert?“ antworten müsste, so würde ich zwar immer noch nicht wissen, wo ich denn überhaupt anfangen solle, zu erzählen, aber dennoch eine bestimmte Emotion in mir verspüren, an eine bestimmte Zeit, an die ich mich immer wieder gerne, fast schon sehnsüchtig und nostalgisch, zurück erinnern werde, und könnte mit lächelndem Gesicht erwidern: „Alles, was die Freizeit zu so einem besonderen Erlebnis macht.“
Ein Rückblick von Johannes Thurk